Sehr geehrter Herr Grethler, für den Vorstand, sehr geehrter Herr Dr. Hofmann-Hoeppel, für den Aufsichtsrat, sehr geehrter Herr Velinski, lieber Muchtar Al Ghusain, liebe Fest- und Ehrengäste,
es gibt Momente in der Kommunalpolitik – und im kulturellen Leben unserer Stadt –, die zeigen, was möglich ist, wenn Menschen sich zusammentun, wenn eine Idee nicht loslässt, und wenn der Glaube an die Kultur größer ist als jedes Hindernis.
Ein solcher Moment ist heute. Denn wir verleihen die Sittig-Medaille 2025 an eine Institution, die nicht nur ein Kino ist, sondern ein Symbol für Teilhabe, für bürgerschaftliches Engagement und für kulturelle Vielfalt in Würzburg: das Central Programmkino im Bürgerbräu.
Warum ist Kino Kultur? Kino ist nicht einfach Unterhaltung. Kino ist Erzählung, Erinnerung, Diskussion – ein Ort für Geschichten, die uns bewegen, herausfordern oder uns eine neue Perspektive eröffnen.
Es ist ein Ort, an dem wir gemeinsam erleben, was andere denken, fühlen, hoffen oder erleiden. Kino ist Kultur, weil es nicht nur konsumiert wird – sondern weil es einen Dialog anstößt.Und genau das macht ein Programmkino aus: Es zeigt nicht, was am meisten einspielt, sondern was am meisten auslöst.
Was unterscheidet ein Programmkino von einem kommerziellen Kino? Ein Programmkino entscheidet sich bewusst gegen den einfachen Weg. Es zeigt Filme, die Geschichten aus anderen Ländern erzählen, von Menschen, die sonst keine Stimme haben. Es bringt Dokumentarfilme, Filmkunst, Debattenkino – nicht selten mit Gästen, Regisseur:innen, Gesprächspartner:innen. Und es bringt Menschen zusammen, die etwas erleben wollen, das über Popcorn und Blockbuster hinausgeht. Kurz gesagt: Ein Programmkino bringt Haltung auf die Leinwand.
Und was macht das Central im Bürgerbräu so besonders? Nun, zunächst einmal: Es ist unser aller Kino. Das Central ist keine GmbH, keine Kette, kein Privatunternehmen. Es ist eine Genossenschaft – gegründet von Menschen, die nicht gefragt haben: „Was krieg ich raus?“ – sondern: „Was bring ich ein?“. Die Programmkino Würzburg eG wurde mit einem klaren, gemeinnützigen Auftrag gegründet: ein anspruchsvolles Kino für Würzburg zu schaffen – offen, unabhängig und getragen von der Stadtgesellschaft selbst. Jede:r, der einen Anteil zeichnet, wird Miteigentümer:in. Mitverantwortlich. Mitgestaltend. Das Central ist damit nicht nur ein Kino. Es ist ein demokratischer Kulturraum. Und das macht es – im besten Sinne – einzigartig.
Ich habe für heute auch Muchtar Al Ghusain eingeladen, da er als damaliger Kulturreferent einen entscheidenden Anteil daran hat, dass wir heute überhaupt hier stehen.
Als 2009 das Corso – das letzte verbliebene Arthouse-Kino in der Innenstadt – seine Schließung ankündigte, ging ein kollektiver Aufschrei durch Würzburgs Kulturszene. 2.700 Menschen unterschrieben eine Petition für ein neues Programmkino. Und du, lieber Muchtar, hast diese Petition nicht nur entgegengenommen – du hast sie ernst genommen. Du hast als damaliger Kulturreferent der Stadt Würzburg nicht abgewartet, sondern gehandelt. Du hast Türen geöffnet. Menschen zusammengebracht. Eine Arbeitsgruppe initiiert. Die Voraussetzungen geschaffen, damit sich etwas entwickeln konnte, was am Anfang nur eine Idee war. Ohne dein Engagement, ohne deine Überzeugung, ohne deinen politischen Instinkt – gäbe es das Central heute nicht. Dafür danke ich dir von Herzen – und ich bin sicher, alle hier im Raum tun das ebenso.
Was danach folgte, liest sich wie ein Drehbuch für ein Bürger:innenprojekt mit Happy End – aber ganz ohne Kitsch. Die Gründung der Genossenschaft im Jahr 2010. Die ersten improvisierten Filmabende an den verschiedensten Orten. Der provisorische Start im Mozart-Gymnasium – mit unbequemen Stühlen und viel Idealismus. Der Umzug ins Bürgerbräu-Gelände, gegen viele Bedenken, aber mit klarem Votum. Und dann: die Eröffnung im Oktober 2016 – ein Meilenstein.
All das getragen von Menschen, die ihre Zeit, ihre Energie und oft auch ihre beruflichen Kompetenzen eingebracht haben: Jurist:innen, Architekt:innen, Filmliebhaber:innen, IT-Profis, Steuerfachleute. Menschen, die etwas aufbauen wollten – und das auch getan haben.
Mit Mut. Mit Geduld. Mit Gemeinschaftssinn.
Und das Ergebnis kann sich sehen lassen: Drei Säle mit vielfältigem Programm. Italienische Filmtage, Filmreihen, Schulvorstellungen, Podiumsdiskussionen, Kooperationen mit Initiativen und Vereinen – das Central macht nicht nur Kino. Es macht Stadtgesellschaft. Es ist ein Ort für alle, die mehr wollen.
Mehr als Unterhaltung. Mehr als Bilder. Mehr als Stille.
Wenn man fragt, wer hat für das heutige Central inhaltlich die wesentlichen Grundlagen gelegt, dann fällt immer wieder der Name Heidrun Podszus – eine erfahrene und professionelle Kinofachfrau, die das Handwerk beherrschte und in der Kinoszene gut vernetzt war. All das ging nur, weil sie auch bestimmend war, und das war nötig, denn nur ehrenamtlich mit Laiensachverstand wäre es nicht gegangen.
Auch wegen ihr ist das Central ein würdiger Träger der Sittig-Medaille – der höchsten Auszeichnung, die wir als WürzburgSPD gemeinsam mit unserer Fraktion vergeben. Wir ehren damit: • das Engagement der Genossenschaft und ihrer Mitglieder, • die vielen Ehrenamtlichen, die ihr Herzblut investieren, • die Menschen, die Verantwortung übernommen haben – mit einem Anteil oder mit ganzem Einsatz, • und natürlich auch dich, lieber Muchtar – als einen der Wegbereiter und Ermöglicher dieser Erfolgsgeschichte.
Das Central ist ein Beispiel dafür, was möglich ist, wenn eine Stadt nicht nur verwaltet, sondern gestaltet. Wenn Kulturpolitik nicht nur Zuschuss bedeutet, sondern Zukunft. Wenn Bürger:innen nicht nur fordern, sondern selbst gestalten. Oder anders gesagt: Wenn aus einem Herzenswunsch ein Haus des Films wird.
Im Namen der WürzburgSPD und der SPD-Stadtratsfraktion gratuliere ich ganz herzlich zur Verleihung der Sittig-Medaille. Ein Preis für ein Kino, das nicht nur Filme zeigt, sondern Haltung. Und für Menschen, die zeigen, wie viel Kraft in Gemeinschaft steckt. Film ab für das Central. Film ab für die Kultur. Film ab für Würzburg.
Herzlichen Glückwunsch – und vielen Dank!